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Die Varroamilbe (Varroa destrucor)

Bei der Varroamilbe (Varroa destrucor) handelt es sich um ein parasitär im Bienenvolk lebendes Spinnentier, welches sich in der verdeckelten Bienenbrut vermehrt.

Varroamilbe (Varroa destrucor)

Die Milbe stammt ursprünglich aus Südostasien und vermehrt sich dort in ihrem Wirtstier, der Östlichen Honigbiene (Apis cerana), ausschließlich in den Drohnenbrutzellen. Bei der heimischen Westlichen Honigbiene (Apis Mellifera) werden neben den erwachsenen Bienen sowohl Drohnen- als auch Arbeiterinnen-Brut befallen. Durch Verbreitung und Verschleppung sind heutzutage bis auf Australien und der Antarktis ubiquitär alle Bienenvölker von Varroamilben befallen.

Durch Schädigung der von Milben befallenen Brut und Saugen von Bienenblut (Hämolymphe) bei den adulten Bienen wird das Bienenvolk von Apis Mellifera im Jahresverlauf zunehmend geschwächt und geschädigt und würde in unseren Breitengraden ohne Behandlungsmaßnahmen durch den Imker letztendlich zugrunde gehen.

Biene mit ansitzender Varroamilbe.

Als Behandlungsmaßnahmen können biologische Maßnahmen (Entfernen von mit Varroa-Milben befallener Drohnenbrut) oder chemische Verfahren Anwendung finden, wobei die organischen Säuren Ameisensäure (60% ad us.vet.), Milchsäure (15% ad us.vet.) und Oxalsäure (3,5-5.7% ad us.vet.) der Verwendung von pharmazeutischen Präparaten gegen Milbenbefall vorzuziehen sind, um eine Anreicherung von Pestiziden in den Naturprodukten Bienenhonig und Bienenwachs zu vermeiden. Um die Milbenbelastung des Bienenvolkes so gering wie möglich zu halten, gibt es heute empfehlenswerte Behandlungskonzepte mit kombinierten biologischen und chemischen Verfahren, die im folgenden Schema zusammengefasst sind:

Behandlunsgkonzept

Schema zum Behandlungskonzent gegen die Varroamilbe (Varroa destrucor), (Copyright BZV Asbach 2017).

Neben den durchzuführenden Behandlungsmaßnahmen muss unbedingt die Auszählung und Überwachung der Belastung des Bienenvolkes mit lebenden Varroamilben vor und nach den durchzuführenden Schritten empfohlen werden, um den Behandlungserfolg zu kontrollieren und sicherzustellen. So wird heute vor der Behandlung des Bienenvolkes im Sommer (Ameisensäure 60%ig) und Winter (Oxalsäure 3.5-5.7%ig) die sog. „Windeldiagnose“ empfohlen. Hierfür wird die Windel (idealerweise ein weißes Kunststoffbrett mit Rand) für 3 Tage unter den Gitterboden der Bienenbeute eingeschoben und anschließend die Zahl der heruntergefallenen Varroamilben ausgezählt. Aus dem sog. „Milbentotenfall“ kann dann entsprechend der Jahreszeit auf die im Bienenvolk befindliche Zahl an Varroamilben zurückgerechnet werden. Nach vorgenommener Behandlung (z.B. mit Ameisensäure) sollte diese Art der „Windeldiagnose“ erneut, jedoch frühestens 14 Tage nach Behandlungsende, durchgeführt werden. Da die Varroamilben sich in den Brutzellen (Schlupf der Arbeiterinnen 12, der Drohnen 14 Tage nach Verdeckelung der Brutzelle) vermehren und durch eine Ameisensäurebehandlung idealerweise abgetötet werden, würde man bei vorzeitig durchgeführter erneuter Windeldiagnose zwar die Zahl der getöteten und heruntergefallenen Milben zählen (welche mit der abgeschätzten Zahl der im Bienenvolk befindlichen Milben vor Behandlungsbeginn ungefähr übereinstimmen sollte). Entscheidend für eine realistische Beurteilung des Behandlungserfolges ist jedoch, die verbleibende Belastung des Bienenvolkes mit überlebenden Milben in Erfahrung zu bringen. Diese Zahl des „natürlichen Milbentotenfalls“ kann erst nach Schlupf aller zum Behandlungsbeginn vorhandener Larven (Arbeiterinnen und vor allem Drohnen) und Fallen aller getöteten Varroamilben erneut ausgezählt werden.

Nach Liebig und Aumeier sollte auch nur dann eine Behandlung des Bienenvolkes gegen die Varroamilben durchgeführt werden, wenn die Zahl der Milben auch eine Belastung für die Bienen darstellt, um ein unnötiges Schädigen des Bienenvolkes durch die Chemikalien, welche für Milben und Bienen giftig sind, zu vermeiden.

Grundsätzlich dürfen vom 1.1. eines Jahres bis zum Ende der Honigernte keine chemischen Behandlungsmaßnahmen gegen die Varroamilbe vorgenommen werden, um die Belastung des Naturproduktes Honig mit Chemikalien auszuschließen. Dies gilt nicht für die Behandlung von Ablegern, Schwärmen bzw. Jungvölkern (und ggf. Wirtschaftsvölkern), bei denen im laufenden Jahr keine Honigernte mehr vorgenommen wird.

Entfernen von Drohnenbrut

Da sich die Varroamilbe in Drohnen-Brutzellen 5-10 mal stärker vermehrt als in Arbeiterinnen-Brutzellen, stellt das Entfernen oder „Schneiden von Drohnenbrut“ aus hierfür speziell in die Beute eingesetzten leeren Rähmchen („Drohnenrahmen“) eine effiziente und rein biologische Methode zur Verringerung der Belastung eines Bienenvolkes mit Varroamilben bis zum Ende der Honigernte dar. Dieses Verfahren kann während der Hauptbrutphase des Volkes im Frühjahr bis Frühsommer (April-Juli) angewendet werden. Entscheidend ist das regelmäßige und rechtzeitige Entfernen der Drohnenbrut vor dem Schlupf der Drohnen (d.h. binnen 14 bis max. 23 Tagen), da ansonsten mit den Drohnen auch die Milben zahlreich schlüpfen würden. Nach dem Schneiden der Drohnenbrut wird der Drohnenrahmen wieder ins Bienenvolk gegeben, und der Vorgang alle 14-21 Tage wiederholt.

Behandlung mit Milchsäure

Da Milchsäure nicht in verdeckelte (und mit Varroamilben belastete) Brutzellen hineinwirkt, sondern nur bei den auf den Bienen sitzenden Varroamilben (siehe Bild) ihre Wirkung entfaltet, wird eine Behandlung des Bienenvolkes mit Milchsäure-Lösung nur bei brutfreiem Zustand, d.h. beim Fehlen von verdeckelten Brutzellen, wirksam und sinnvoll angewendet. Einen solchen Zustand besitzt ein Bienenvolk zu bestimmten Zeitpunkten nach der Bildung von Ablegern (Erstbehandlung von Jungvölkern) oder dem Fangen von Schwärmen. Die Behandlung erfolgt durch beidseitiges Besprühen der auf den Waben ansitzenden Bienen mit einem feinen Nebel aus 15%-iger, wässriger Milchsäure-Lösung (ca. 8 mL pro Wabe, Zander/DNM). Auf Grund dieser Vorgehensweise wird die Behandlung mit Milchsäure zudem nur in der warmen Jahreszeit vorgenommen, da das Besprühen bzw. Anfeuchten von Bienen bei starker Kälte zum Verklammen und Absterben des Bienenvolkes führen würde.

Behandlung mit Ameisensäure oder MAQS®

Für die Varroa-Behandlung mit Ameisensäure ist nur die Verdunstung von 60%-iger Ameisensäure über bestimmte Applikatoren (z.B. mit Nassenheider professional oder Liebig-Dispenser) zulässig. Bei Therapienotstand, d.h. schwerem Befall, welcher durch den Amtsveterinär festgestellt werden muss, ist ggf. auch die Verwendung der höher konzentrierten und wirksameren 85%-igen Ameisensäure statthaft. Je nach Verfahren muss die entsprechende Menge Ameisensäure in einem bestimmten Zeitraum innerhalb der Beute verdampft bzw. verdunstet werden. Um hierbei optimale Wirkungsgrade zu erreichen, ist die Beobachtung der Wetterprognose für die bevorstehenden Behandlungstage von entscheidender Bedeutung. Eine ausgezeichnete Hilfe bietet hierbei die Seite des Bieneninstituts in Mayen, welche auf ihrer Seite des Varroa-Wetters für die jeweilige Region den optimalen Behandlungszeitraum anzeigt. Eine Behandlung mit Ameisensäure, welche auch in die verdeckelte Brut hinein wirksam ist, ist nur nach abgeschlossener Honigernte, für Wirtschaftsvölker ab Ende Juli, für Ableger auf Grund der längeren Entwicklung ab Ende August, statthaft, und sollte nach der Winter-Auffütterung und durchgeführter Windeldiagnose ggf. wiederholt werden.

MAQS®-Streifen (Mite Away Quick Strips®) stellen eine moderne Alternative zur Behandlung mit Ameisensäure dar. Zur Anwendung sollte die Packungsbeilage genauestens beachtet werden.

Behandlung mit Oxalsäure

Die Behandlung der Bienenvölker gegen Varroamilben mit Oxalsäure-Lösung findet vorrangig im November oder Dezember durch Beträufeln der Bienentraube mit 3.5%-5.7iger Oxalsäure in wässriger Zuckerlösung statt. Auch hierbei wird nach Aumeier und Liebig eine vorherige Windeldiagnose und eine Behandlungsdurchführung nur bei entsprechender Milbenbelastung empfohlen.

Ebenso wie Milchsäure wirkt auch Oxalsäure nicht in verdeckelte Brutzellen hinein. In den genannten Monaten November und Dezember sollte 21 Tage nach anhaltenden Nachtfrösten ein quasi bzw. nahezu brutfreier Zustand erreicht worden sein, zu welchem dann die Oxalsäure-Behandlung stattfinden sollte. Als Stichtag gilt der 31.12. eines Jahres, um eine Belastung des Honigs mit Oxalsäure in der Frühlingstracht zu vermeiden.

Ableger und Schwärme im brutfreien Zustand dürfen mit 3.5-5.7%-iger wässriger Oxalsäure-Lösung besprüht werden. Die Vorgehensweise entspricht der Behandlung mit Milchsäure, wie beschrieben.

Behandlung mit Thymol

Das Sublimieren des ätherischen Stoffes Thymol (z.B. Thymovar®) stellt eine wirksame und äußerst bienenverträgliche Behandlungsmethode gegen die Varroamilbe dar. Auf Grund der langen Behandlungsdauer von 4-8 Wochen im Spätsommer nach der Honigernte eignet sich dieses Verfahren jedoch nicht bei starkem Varroa-Befall. Zudem besteht auf Grund der guten Fettlöslichkeit von Thymol die Gefahr der Anreicherung dieses intensiv duftenden Stoffes im Wachs und kann zur geschmacklichen Beeinträchtigung des Honigs noch im Folgejahr führen.